Das Kirkpatrick-Modell: Erfolgskontrolle in der Weiterbildung in Unternehmen

Wie lässt sich der Erfolg einer Schulungsmassnahme in der heutigen Geschäftswelt messen? Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein mittelständsiches Unternehmen hat eine Schulungsreihe eingeführt, um Mitarbeitende und Führungskräfte auf die Herausforderungen neuer Technologien vorzubereiten. Doch wie stellt man sicher, dass diese Schulung auch tatsächlich zu erhöhter Effizienz und besseren Ergebnissen führt? Das Kirkpatrick-Modell bietet hierfür einen strukturierten Ansatz.

In unserem Beitrag beleuchten wir die vier Ebenen der Erfolgskontrolle dieses Modells und zeigen, wie Sie es nutzen können, um den Erfolg Ihrer Trainingsmaßnahmen zu evaluieren und den Transfer der Lerninhalte in den Arbeitsalltag sicherzustellen.

 

Erfolgsmessung via Online-Umfragen als erste Ebene im Kirkpatrick-Modell

Erfolgsmessung via Online-Umfragen

Was ist das Modell von Kirkpatrick?

Das Kirkpatrick-Modell, in den 1950er Jahren von Dr. Donald L. Kirkpatrick entwickelt, gilt heute als renommiertes Bewertungsinstrument für Massnahmen in der Weiterbildung. Es bildete die Basis seiner Dissertation mit dem Titel „Evaluierung von Human-Relations-Programmen für Industriemeister und Vorgesetzte“. Dies markiert den Beginn dessen, was wir heute als das Modell von Kirkpatrick zur Evaluation des Lerntransfers kennen.

Kirkpatrick übernahm die vier zentralen Schritte von dem Arbeits- und Organisationspsychologen Dr. Raymond Katzell und integrierte sie in sein Schulungsprogramm für Führungskräfte. Durch ihre konsequente Anwendung und nachfolgende Validierung erlangte dieses Vorgehen als internationale Anerkennung. Ziel der vier Stufen ist es, zu prüfen, inwiefern Trainings und die zugehörigen Maßnahmen den gewünschten individuellen und organisatorischen Erfolg fördern.

 

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Die 4 Stufen der Trainingsevaluierung nach Donald Kirkpatrick

Das Modell hat sich über sechs Jahrzehnte hinweg als Standard für die Bewertung von Talentinvestitionen etabliert und wurde in verschiedenen Bereichen, wie Regierung, Militär, Unternehmen und humanitäre Hilfe, angewendet.

Im Jahr 2010 überarbeiteten Dr. Jim Kirkpatrick (Donald Kirkpatricks Sohn) und Wendy Kayser Kirkpatrick das Modell und bezeichneten es als “The New World Kirkpatrick Model“.

Vorteile der Kirkpatrick Evaluation

Was macht das Evaluationsmodell von Kirkpattrick zu einem nützlichen Werkzeug für Unternehmen und Organisationen? Hier sind einige Vorteile:

Strukturierte Bewertungsmethode: Das Modell bietet eine durchdachte Struktur mit vier aufeinander aufbauenden Ebenen. Mit ihnen analysiert man den Trainingserfolg aus verschiedenen Perspektiven – von der ersten Reaktion der Teilnehmenden bis hin zu den langfristigen Auswirkungen auf die Organisation.

Ganzheitliche Sicht: Das Modell betont, dass der Trainingserfolg über die unmittelbare Reaktion und das neu erworbene Wissen hinausreicht. Es zeigt, wie die Teilnehmenden das Gelernte anwenden und wie sich das auf die Unternehmensziele auswirkt.

Verantwortungsbewusstsein stärken: Die Ergebnisanalyse auf der vierten Ebene regt sowohl Trainerinnen und Trainer als auch Organisationen an, über das eigentliche Training hinauszudenken und die tatsächlichen Auswirkungen zu priorisieren.

Effizienz der Schulung steigern: Unternehmen nutzen das Modell kontinuierlich, um Schwachstellen in ihren Schulungsansätzen zu identifizieren und gezielt zu optimieren.

Effiziente Ressourcenverwendung: Mit Hilfe des Modells bestimmen Organisationen, welche Trainings einen positiven ROI (Return on Investment) erzielen. Das erleichtert die gezielte Zuweisung von Ressourcen zu den effektivsten Trainings.

Klare Kommunikation: Das Modell bietet einen klaren Rahmen, um den Wert und den Erfolg von Trainingsmaßnahmen allen Beteiligten transparent zu machen.

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Die vier Stufen der Erfolgskontrolle und Tipps zur Umsetzung des Kirkpatrick Modells

Kirkpatricks These war, dass die Bewertung einer Schulungsmaßnahme erst dann einen Mehrwert bietet, wenn sie alle vier Evaluationsstufen berücksichtigt. Diese Stufen spiegeln den Weg wider, den eine Trainingsteilnehmerin oder ein Trainingsteilnehmer nimmt. Ein erfolgreiches Abschneiden auf einer Stufe ist stets die Grundlage für den Erfolg auf der nächsten, höheren Stufe. Das Evalutationsmodell von Kirkpatrick basiert auf vier definierten Stufen: reaction, learning, behavior und results – Reaktion, Lernen, Verhalten und Ergebnisse.

Stufe 1: Reaktion – Wie zufrieden sind die Lernenden

Die erste Stufe konzentriert sich auf die Trainingsteilnehmenden. Sie bewertet, inwiefern diese die Schulungsinhalte in Bezug auf ihre Rollen wahrnehmen und ob sie diese als ansprechend und nützlich empfinden.

Diese Stufe teilt sich in drei Bereiche auf:

  • Zufriedenheit: Fühlten sich die Teilnehmenden durch den Inhalt und die Erkenntnisse der Schulung bereichert?
  • Beteiligung: Wie aktiv brachten sich die Teilnehmenden in die Lernprozesse ein?
  • Anwendbarkeit: Wie gut setzen die Teilnehmenden das Erlernte in ihrem Berufsalltag um?

Nach dem Training führt man in der Regel eine Befragung durch, um die Reaktionen zu erfassen. Viele bezeichnen diese Befragung als “Smile Sheet”, in dem sie die Teilnehmer auffordern, ihre unmittelbaren Eindrücke, Gefühle und Meinungen zur Schulung schriftlich festzuhalten.

Mögliche Schwerpunkte dieser Befragung sind:

  • Ziele des Programms
  • Bereitgestellte Schulungsmaterialien
  • Relevanz der Inhalte
  • Fachkenntnisse des Trainers.

Typische Fragen:

  • Wie zufrieden waren Sie mit dem Trainer?
  • War der Inhalt relevant für Ihre Arbeit?
  • Wie bewerten Sie die Schulungsmaterialien?

Würden Sie diese Schulung weiterempfehlen?

Tipps zur Anwendung:

  • Setzen Sie auf digitale Fragebögen.
  • Planen Sie am Schulungsende einen Moment ein, in dem die Teilnehmenden Feedback geben können.
  • Bieten Sie Raum für ausführliche schriftliche Rückmeldungen statt nur Multiple-Choice-Optionen.
  • Beobachten Sie mündliche Rückmeldungen während einer Präsenzschulung.
  • Formulieren Sie Fragen, die den Fokus auf die Haupterkenntnisse der Teilnehmenden legen.
  • Ziehen Sie Ergebnisse aus vorherigen Befragungen heran, um gezielte Fragen zu stellen.
  • Informieren Sie die Teilnehmenden zu Schulungsbeginn über den anstehenden Feedbackprozess. Das gibt ihnen Zeit, während der Schulung über ihre Rückmeldungen nachzudenken.
  • Betonen Sie die Wichtigkeit ehrlichen Feedbacks. Höflichkeitsantworten helfen nicht weiter.

Stufe 2: Lernen – Was haben die Teilnehmer gelernt

Diese Ebene fokussiert sich darauf, ob die Teilnehmenden das angestrebte Wissen, die Fertigkeiten, die Einstellung, das Selbstbewusstsein und die Motivation im Rahmen des Trainingsprogramms erlangt haben.

Diese Aspekte lassen sich sowohl auf formelle als auch auf informelle Weise bewerten.

Tipps zur Anwendung:

  • Setzen Sie Bewertungen vor und nach dem Lernprozess ein, um ein präzises Bild vom Lerntransfer zu bekommen.
  • Sie können verschiedene Instrumente für die Bewertung nutzen, von Tests über Interviews bis hin zu Feedbackbögen.
  • In bestimmten Situationen kann eine Vergleichsgruppe nützlich sein, um die Ergebnisse besser einordnen zu können.
  • Legen Sie das Bewertungsverfahren klar und eindeutig im Vorfeld fest, um mögliche Unklarheiten zu vermeiden.
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Bewertungsmethoden den Zielen des Trainingsprogramms entsprechen.
  • Beziehen Sie auch Feedback, Beobachtungen und Anmerkungen von Trainerinnen und Trainern mit ein – sie bieten oft wertvolle Einsichten.

Stufe 3: Verhalten – Was Nutzen die die Teilnehmenden

Dieser Schritt ist zentral, um die tatsächlichen Effekte der Schulung zu erfassen. Er bewertet Verhaltensänderungen nach dem Training und ob die Teilnehmenden das Erlernte in ihrer Arbeit umsetzen.

Die Resultate zeigen nicht nur das Verständnis der Teilnehmenden, sondern auch die Relevanz der Schulung im Arbeitsumfeld. Eine fehlende Verhaltensänderung impliziert nicht immer ein unzureichendes Training, sondern kann auch auf Anpassungsbedarf interner Prozesse hinweisen.

Tipps zur Anwendung:

  • Bewertungen 3-6 Monate nach dem Training sind am aussagekräftigsten.
  • Kombinieren Sie Beobachtungen mit Befragungen.
  • Minimieren Sie subjektive Beobachtungen.
  • Beginnen Sie mit unauffälligen Bewertungen und nutzen Sie bei sichtbaren Veränderungen direktere Methoden.
  • Klären Sie die erwarteten Verhaltensänderungen und wie man sie erkennt.
  • Integrieren Sie die Bewertungen in bestehende Management- und Schulungsansätze.

Stufe 4: Ergebnisse – Welchen Nutzen hat Ihr Unternehmen

Diese Ebene untersucht, ob die Trainingsziele erreicht wurden und ob die Organisationsmitglieder dies unterstützen und verantworten.

Die Ergebnisse variieren je nach Organisation und Training, lassen sich jedoch über Key Performance Indicators (KPI) nachverfolgen. Beispiele für KPIs sind erhöhte Umsätze, reduzierte Arbeitsunfälle oder gesteigerte Kapitalrendite.

Zudem berücksichtigt diese Ebene Frühindikatoren, also kurzfristige Messungen, die anzeigen, ob kritische Verhaltensweisen den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen.

Tipps zur Anwendung:

  • Klären Sie vorab, welche Ergebnisse Sie messen wollen, und teilen Sie diese mit allen Beteiligten.
  • Nutzen Sie, wenn möglich, eine Vergleichsgruppe.
  • Geben Sie den Teilnehmenden ausreichend Zeit, um die Lerninhalte zu verinnerlichen, bevor Sie bewerten.
  • Sorgen Sie für qualifizierte Beobachter, die das Training und die angestrebten Ergebnisse kennen.
  • Kombinieren Sie Feedback der Teilnehmenden mit Beobachtungen für eine umfassende Bewertung.
  • Bei Führungskräften sind regelmäßige Bewertungen und die Ausrichtung auf zentrale Geschäftsziele für eine präzise Erfolgsmessung von Trainings essenziell.

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Die Grenzen des Modells: Ein kritischer Blick

Kirkpatricks Modell ist im Bildungscontrolling auch heute noch ein wichtiges Werkzeug zur Messung des Erfolgs von Schulungsmaßnahmen. Doch wie bei jedem Modell gibt es auch hier Facetten, die zu Diskussionen anregen und den Wunsch nach tieferem Verständnis wecken. Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf einige dieser Aspekte werfen:

„Smile-Sheets“: Wer kennt sie nicht? Die kurzen Feedbackbögen, die am Ende einer Schulung verteilt werden. Sie sollen die unmittelbare Zufriedenheit der Teilnehmenden erfassen. Doch wie tiefgehend sind diese “Smile Sheets” wirklich? Kritiker argumentieren, dass sie oft nur eine oberflächliche Zufriedenheit widerspiegeln und wenig darüber aussagen, ob die Teilnehmenden tatsächlich etwas gelernt haben oder der Lerntransfer in die Praxis gelungen ist.

Messbarkeit des Nutzens: Das Kirkpatrick-Modell stößt an seine Grenzen, wenn es darum geht, den Nutzen komplexerer Weiterbildungen zu quantifizieren. Selbst Kirkpatrick räumte ein, dass Trainings in Bereichen wie Kommunikation oder Führung auf der 4. Ebene schwer zu messen sind.

Fehlende finanzielle Messbarkeit: Nicht alle Trainingsmaßnahmen führen zu direkt messbaren wirtschaftlichen Ergebnissen. Jack Philipps erweiterte das Modell um eine 5. Ebene, um den ROI (Return on Investment) genauer zu betrachten.

Kausale Annahme: Die vier Ebenen des Kirkpatrick-Modells basieren auf der Annahme, dass die Ebenen kausal aufeinander aufbauen. Doch diese “Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge” sind nicht immer eindeutig und klar erkennbar.

Kein direkter Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Lernerfolg: Ein positives Trainingserlebnis bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Teilnehmenden auch in der Praxis erfolgreicher sind. Studien haben gezeigt, dass Zufriedenheit und tatsächlicher Lernerfolg nicht immer Hand in Hand gehen.

Mit der Kenntnis über die Grenzen des Kirkpatrick-Modells können Unternehmen es effektiver nutzen und ihre Weiterbildungsmaßnahmen kontinuierlich optimieren.

Die Erfolgskontrolle in der Weiterbildung nach Kirkpatrick – ein Fazit

Unternehmen, die den Mehrwert ihrer Schulungsmassnahmen quantifizieren möchten, finden im Kirkpatrick-Modell einen bewährten und strukturierten Leitfaden. Ursprünglich in den 1950er Jahren von Dr. Donald L. Kirkpatrick konzipiert, hat sich dieses Modell als maßgebliches Instrument zur Evaluierung von Trainings- und Bildungsprogrammen etabliert. Es gliedert sich in vier prägnante Ebenen: Reaktion, Lernen, Verhalten und Ergebnisse. Diese Ebenen dienen dazu, den Erfolg von Trainingsmaßnahmen aus vielschichtigen Blickwinkeln zu analysieren und sicherzustellen, dass theoretisches Wissen auch in praktisches Handeln überführt wird.

Über die Jahrzehnte hat sich das Kirkpatrick-Modell als Standard für die Bewertung von Massnahmen in der Personalentwicklung herauskristallisiert und wurde branchenübergreifend angewendet. Natürlich ist kein Modell vor Kritik gefeit: Herausforderungen wie die Messung des tiefgreifenden Nutzens komplexer Weiterbildungen, die vorausgesetzten kausalen Verknüpfungen zwischen den Ebenen und die Diskrepanz zwischen Teilnehmerzufriedenheit und tatsächlichem Lernerfolg sind nur einige der Anmerkungen von Experten.

Dennoch steht außer Frage, dass das Kirkpatrick-Modell Unternehmen einen soliden Rahmen bietet, um den Nutzen ihrer Schulungsmaßnahmen zu erkennen und stetig zu optimieren. Es unterstreicht die Relevanz von systematischen Bewertungen und versorgt Organisationen mit den notwendigen Instrumenten, um den Transfer von erworbenem Wissen in den Arbeitsalltag zu gewährleisten.