Microlearning im Unternehmen – Anwendungen in der Praxis

Die kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeitenden ist in Zeiten des digitalen Wandels und zunehmender Spezialisierung unverzichtbar, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Traditionelle Schulungsmethoden wie mehrtägige Präsenzseminare stoßen jedoch oft an ihre Grenzen. Die Teilnahme erfordert viel Zeit und Planung. Zudem fällt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schwer, das Gelernte im Arbeitsalltag anzuwenden.

Vor diesem Hintergrund gewinnt Microlearning als flexible und effektive Lernmethode immer mehr an Bedeutung. Doch was genau verbirgt sich dahinter?

Microlearning – eine Definition

Als Microlearning bezeichnet man Lernformen, die in sehr kurzen Einheiten Wissen vermitteln. Typischerweise handelt es sich um Lektionen von nur wenigen Minuten Länge.

Das Konzept des Microlearning basiert auf der Erkenntnis, dass Menschen Informationen und Fertigkeiten besser aufnehmen und behalten können, wenn sie in überschaubare Häppchen unterteilt präsentiert werden. Komplexe Lerninhalte werden dabei in kleine Module zerlegt. Microlearning eignet sich daher sehr gut für mobile Endgeräte.

Die Vorteile dieser modernen Herangehensweise liegen auf der Hand: Microlearning-Kurse lassen sich leicht in den Arbeitsalltag integrieren. Die kompakten Lektionen ermöglichen zeiteffizientes Lernen auch zwischendurch, ohne den Betriebsablauf wesentlich zu stören. Zudem sprechen die snackgroßen Wissenseinheiten viele Lernertypen an. Nicht zuletzt fördert Microlearning durch seinen motivierenden Charakter nachhaltige Lernergebnisse.

Eigenschaften von Microlearning – Kleines Lernen mit großer Wirkung

Microlearning zeichnet sich durch einige besondere Charakteristiken aus, die es von herkömmlichen Lernmethoden unterscheiden.

Kleine Lerneinheiten

Das Herzstück von Microlearning sind kleine Lerneinheiten. Eine Microlearning-Einheit umfasst typischerweise nicht mehr als 5-10 Minuten. Studien haben gezeigt, dass dieses Format optimal ist, um neue Informationen effektiv aufzunehmen und zu verarbeiten. Länger andauernde Lerneinheiten überfordern hingegen häufig den Lernenden.

Fokus auf ein Lernziel

Jede Microlearning-Einheit konzentriert sich auf die Vermittlung genau eines Lernziels oder einer Kernbotschaft. Komplexe Themen werden also in kleine Häppchen unterteilt. Dies erleichtert das Behalten der Informationen. Nach jeder Lerneinheit gibt es idealerweise die Möglichkeit, das Gelernte durch Quizfragen oder Ähnliches abzurufen.

Multimediale Inhalte

Microlearning bedient sich einer Mischung aus verschiedenen Medien wie Video, Audio, Text, Bildern und Animationen. Dies spricht unterschiedliche Lerntypen an und sorgt für Abwechslung. Wichtig ist allerdings, dass die Medien nutzerfreundlich aufbereitet sind.

Gamification

Um den Lernerfolg zu steigern, wenden viele Microlearning-Konzepte auch Elemente von Gamification an. Small Talk am Kaffeeautomaten über das Gelernte, Abzeichen oder Auszeichnungen für abgeschlossene Kurse wirken motivierend. Dieser spielerische Ansatz macht das Lernen kurzweiliger.

Kontextbezug

Idealerweise knüpft Microlearning inhaltlich an Alltagssituationen der Lernenden an. Ein Beispiel wäre ein Microlearning-Kurs für Verkäufer, der direkt am Point of Sale stattfindet. So lässt sich das Gelernte sofort anwenden, was die Behaltensleistung erhöht.

Vorteile microlearning

Peter Baumgartner, Professor für technologieunterstütztes Lernen an der Donau-Universität in Wien, beschreibt zwei wesentliche Vorteile von Microlearning für das Wissensmanagement in Betrieben:

Flexibilität: Die kleinen Lerneinheiten sind nicht nur rasch erstellt, sondern auch schnell wieder mit neuen Inhalten ergänzt oder korrigiert. Außerdem lassen sie sich leicht zu unterschiedlichen größeren Lerngebieten kombinieren.
Reichweite: Der unprätentiöse Zugang kommt auf „leichten“ Füßen daher und ist meist niederschwellig angelegt. Mikrolernen erreicht daher auch überlastete Mitarbeiter, die ihre knappen Zeitressourcen nicht für aufwendige Bildungsanstrengungen nutzen wollen oder können.

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Microlearning in Unternehmen – Ein Praxisleitfaden

Im Gegensatz zu herkömmlichen Schulungen, die oft über mehrere Tage gehen, setzt Microlearning auf kurze Lerneinheiten von wenigen Minuten. Doch wie führt man Microlearning konkret in einem Unternehmen ein? Dieser Praxisleitfaden gibt Ihnen hilfreiche Tipps:

  1. Analysieren Sie den Lernbedarf

Bevor Sie mit der Umsetzung starten, sollten Sie eine Bedarfsanalyse durchführen. Für welche Bereiche eignet sich Microlearning? Wo gibt es Schulungsbedarf bei den Mitarbeitern? Durch Interviews und Befragungen finden Sie heraus, welche Lerninhalte für Microlearning-Module geeignet sind.

  1. Definieren Sie klare Lernziele

Jedes Microlearning-Modul sollte ein konkretes, klar definiertes Lernziel haben, das sich in wenigen Minuten vermitteln lässt. Formulieren Sie die Lernziele prägnant. Lernziele könnten beispielsweise sein: die 5 Schritte zur Produktregistrierung kennen, 3 Methoden zur Stressbewältigung anwenden können oder die Unternehmenswerte verinnerlichen.

  1. Wählen Sie die richtige Länge

Microlearning heißt: kleine Lerneinheiten. Begrenzen Sie die Module auf 2 bis 7 Minuten. Auf keinen Fall sollten sie länger als 10 Minuten sein, sonst sinkt die Aufmerksamkeit. Lieber mehrere kurze Module zu einem Thema erstellen als ein langes.

  1. Gestalten Sie ansprechende Lerninhalte

Damit die Lernenden motiviert bleiben, sollten die Inhalte ansprechend und abwechslungsreich aufbereitet sein. Setzen Sie auf eine Mischung aus Video, Audio, Text, Bildern und interaktiven Elementen. Testen Sie unbedingt im Vorfeld, ob die Module verständlich und nutzerfreundlich sind.

  1. Bieten Sie Mobile Learning an

Microlearning lässt sich ideal über Smartphones und Tablets konsumieren. Stellen Sie sicher, dass Ihre Lerninhalte responsive designs haben und plattformunabhängig abrufbar sind. So können die Mitarbeiter ortsunabhängig in jedem Moment, z.B. auf dem Weg zur Arbeit, etwas lernen.

  1. Integrieren Sie Tests und Feedback

Um den Lernerfolg zu überprüfen, sollten Microlearning-Module kurze Tests oder Quizfragen zum Gelernten enthalten. Geben Sie außerdem persönliches Feedback, ob der Lernende das Ziel erreicht hat. So bleibt der Lernprozess interaktiv.

  1. Bleiben Sie immer up-to-date

Achten Sie darauf, Ihre Lerninhalte kontinuierlich zu aktualisieren und an neue Entwicklungen anzupassen. Microlearning lebt von hoher Relevanz und Aktualität. Vermeiden Sie es, veraltete Inhalte über längere Zeit online zu lassen.

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Microlearning in globalen Teams

Die Arbeit in global verteilten Teams bringt viele Vorteile, aber auch einige Herausforderungen mit sich. Eine der größten Herausforderungen ist die effektive Schulung und Weiterbildung der Mitarbeitenden. traditionelle Schulungsmethoden wie mehrtägige Seminare oder lange E-Learning Kurse sind für globale Teams oft nicht praktikabel.

Herausforderungen bei der Schulung globaler Teams

Zeitverschiebung und unterschiedliche Zeitzonen erschweren es, alle Teammitglieder gleichzeitig für Schulungen zusammenzubringen. Auch können nicht alle Mitarbeitenden für längere Zeit vom Arbeitsalltag abgezogen werden, um an mehrtägigen Präsenzveranstaltungen teilzunehmen. Hinzu kommen kulturelle Unterschiede im Lernverhalten sowie Sprachbarrieren, die in traditionellen Schulungsformaten oft vernachlässigt werden.

Microlearning bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma. Dabei werden Lerninhalte in kleine Häppchen aufgeteilt, die in nur wenigen Minuten konsumiert werden können. Dies ermöglicht es den Mitarbeitenden, die Lerninhalte in ihren Arbeitsalltag zu integrieren, ohne viel Zeit investieren zu müssen.

Die Vorteile von Microlearning für globale Teams:

Ortsunabhängig: Die Lerninhalte können von überall aus abgerufen werden, solange eine Internetverbindung besteht. Dies ermöglicht zeit- und ortsunabhängiges Lernen.

Flexibel: Durch die kurzen Lerneinheiten von oft nur 5-10 Minuten kann das Lernen in den Tagesablauf integriert werden, wenn gerade Zeit ist.

Personalisiert: Jeder Mitarbeitende kann sich auf die für sich relevanten Inhalte fokussieren und sein eigenes Lerntempo bestimmen.

Interaktiv und abwechslungsreich: Microlearning setzt auf eine Mischung aus verschiedenen Medien wie Videos, Podcasts, Infografiken oder Quizzen. Dies spricht verschiedene Lerntypen an und sorgt für Abwechslung.

Microlearning verbessert die Zusammenarbeit

Microlearning Kurse können gezielt zur Verbesserung der Zusammenarbeit und Kommunikation in globalen Teams eingesetzt werden. Denkbar sind beispielsweise kurze Lerneinheiten zu diesen Themen:

– Interkulturelle Unterschiede verstehen: Bräuche, Kommunikationsstile und Tabus anderer Kulturen kennenlernen

– Effektive virtuelle Teamarbeit: Regeln und Tools für Meetings, kollaboratives Arbeiten über Distanz und Projektmanagement

– Globale Etikette: Länder-spezifische Besonderheiten für Termine, E-Mail-Verkehr usw.

Microlearning hat somit das Potenzial, globale Teams enger zusammenzubringen. Durch gegenseitiges Verständnis und Wissen um kulturelle Unterschiede sowie effektive Kommunikation und Zusammenarbeit können Probleme und Missverständnisse verringert werden.

Anwendungen in der Praxis

Bei den internen Bestellvorgängen aus der spanischen Tochtergesellschaft kommt es immer wieder zu kostenaufwändigen Fehlern oder Verzögerungen bei der Auslieferung. Leider hat der Mitarbeiter die englisch-sprachigen Unterlagen für das ERP Tool nicht vollständig verstanden.

Die jährliche Budgetplanung soll zentral im ERP Tool durchgeführt werden. Stattdessen verwenden die Bereichsleiterinnen und -leiter die Excel-Tabellen aus den Vorjahren, weil das ERP Tool als “zu kompliziert” angesehen wird. Die Korrektur der Fehler benötigt mehr Zeit als die eigentliche Planung.

Das Problem sind in der Regel nicht die Mitarbeiter, sondern ein nicht auf die Zielgruppe angepasstes Trainingskonzept. Die meisten Mitarbeitenden benötigen keine mehrtägige Schulung auf Expertenniveau, sondern lediglich einfach zu verstehende Anleitungen für konkrete Aufgaben.

Ein klassisches Präsenztraining mit einem Dutzend Teilnehmern kann aber nicht kleinteilig auf diese Anforderungen eingehen. In der Praxis werden diese Anleitungen dann häufig in einem Benutzerhandbuch dokumentiert, der Einfachheit halber auf Englisch für alle Mitarbeiter weltweit als “User-Manual”. Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern landet eine 80-seitige Sammlung von detaillierten Informationen, die aber immer noch nicht das Problem der Mitarbeiterin löst.

Mit wenig Aufwand können auch interaktive e-learning Kurse als ansprechende Lern-Häppchen, oder Learning-Nuggets, erstellt werden. Diese Learning-Nuggets sind praxisnah und anwendungsrelevant gestaltet. Sie sind insbesondere kurz und nur wenige Minuten lang. Deshalb lassen sie sich in den Tagesablauf der Lernenden integrieren. Learning-Nuggets senken die Hemmschwelle für das tägliche Lernen und sind ein zentraler Bestandteil von Microlearning.

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Trends und Zukunftsausblick im Microlearning

Im Zeitalter der informationsüberlastung und abnehmender Aufmerksamkeitsspannen erfüllt Microlearning den Wunsch nach effizientem und zielgerichtetem Lernen. Welche Trends zeichnen sich derzeit ab und wie könnte die Zukunft des Microlearnings aussehen?

Aktuelle Trends

Mobile First

Immer mehr Microlearning-Inhalte werden speziell für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets konzipiert. Die Nutzung dieser Geräte für Microlearning nimmt kontinuierlich zu. Mobile Inhalte zeichnen sich durch eine besonders intuitive Bedienung, hohe Adaptivität und Lernen im Flow der täglichen Routinen aus.

Game-based Learning 

Spielerische Elemente halten verstärkt Einzug in Microlearning-Konzepte. Punktesysteme, Levels, Auszeichnungen oder Wettbewerbe mit anderen motivieren die Lernenden und sprechen emotionale Bedürfnisse an. Gamification macht Microlearning kurzweiliger.

Personalisierung

Dank KI-basierter Systeme kann Microlearning immer stärker auf den einzelnen Lernenden zugeschnitten werden. Persönliche Lernpfade, adaptiver Schwierigkeitsgrad und individualisierte Inhalte verbessern den Lernerfolg enorm.

Zukunftsausblick

Noch kürzere Inhaltseinheiten

Microlearning könnte sich weiter in Richtung Nanolearning entwickeln. Lerninhalte in Sekundenbruchteilen und mit Fokus auf ein einziges Lernziel reduzieren kognitive Belastung und ermöglichen Lernen in Alltagssituationen.

Messung des Lernerfolgs

Aktuell werden Lernfortschritt und -erfolg bei Microlearning noch unzureichend gemessen. Mit verbesserter Datenauswertung von Lernplattformen lassen sich in Zukunft genauere Learning Analytics erstellen. Dies hilft Lerninhalte zu optimieren.

Verstärkte VR- und AR-Nutzung

Virtuelle und erweiterte Realität haben großes Zukunftspotenzial für besonders anschauliches und effektives Microlearning. Die Technologie wird erschwinglicher und könnte Microlearning dank multisensorischer Reize auf ein neues Level heben.

Fazit

Microlearning hat sich als zentrale Säule der betrieblichen Weiterbildung etabliert. Kurze Lerneinheiten für mobile Endgeräte ermöglichen zeit- und ortsunabhängiges Lernen im Arbeitsalltag. Microlearning-Konzepte und -Technologien erlauben dabei eine stetige Anpassung an den individuellen Wissensbedarf.

Microlearning eignet sich für Faktenvermittlung, Kompetenzerwerb und zum Auffrischen bekannter Inhalte. Die Module ermöglichen selbstgesteuertes Lernen im eigenen Tempo und optimalen Wissenstransfer. Ergänzend zu klassischen Weiterbildungen trägt Microlearning zu kontinuierlicher Kompetenzentwicklung und lebenslangem Lernen bei.

Auch in globalen Teams verbessert Microlearning die Zusammenarbeit über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg. Es überwindet sprachliche und kulturelle Barrieren durch kurze, alltagsintegrierbare Lerneinheiten. Microlearning erlaubt passgenaue, motivierende Weiterbildung und ist damit ein Eckpfeiler der modernen Personalentwicklung.

Was ist Microlearning?

Als Microlearning bezeichnet man Lernformen, die in sehr kurzen Einheiten Wissen vermitteln. Typischerweise handelt es sich um Lektionen von nur wenigen Minuten Länge.